2018 / 29. April

Change mich am Arsch – wie Unternehmen Mitarbeiter und sich kaputtverändern


Klasse Buchtitel … und so wahr! Bravo! Fragen sich Unternehmen jemals, wie viel Change Mitarbeiter eigentlich vertragen? Und was passiert, wenn die Grenze überschritten wird? Schließlich sind wir doch alle Gewohnheitstiere und handeln nach der Maxime: Was ich kenn‘, das kann ich. (Fundamentale) Veränderungen aber könnten mich aus meiner Komfortzone reißen …

Unternehmen, die Transformationen anschieben, widmen Change-Prozessen durchaus Raum. Sie formulieren Maßnahmen und neue Ziele, skizzieren Szenarien, in denen sich zumindest aufgeschlossene Mitarbeiter wiederfinden sollen. Parlieren Chefs über Change, betonen sie in  der Regel die Befindlichkeiten und Solls der eigenen Mannschaft; die eigene Rolle und Einstellung wird gerne ausgeklammert. „Die Menschen mitnehmen“, heißt es dann so schön. Und was ist mit dem Chef selbst? Ist er eigentlich bereit und befähigt, Change in seiner ganzen Ausprägung zu erfassen und auszugestalten? Gibt es einen Master of Change im Unternehmen, der die Fäden in der Hand behält? Oder ist Change – selbst bei viel gutem Willen – nur ein Feigenblatt, das sich gut in Präsentationen macht?

Buchautor Axel Koch behauptet: „Die schweigende Mehrheit der Mitarbeiter leidet schweigend vor sich hin. Aufwand und Nutzen vieler Change-Prozesse stehen in keinem Verhältnis zum Ergebnis.“ Koch will Mechanismen, die Mitarbeiter kaputt verändern, enttarnen. Die Ahnung vieler „Betroffener“ sei richtig: Es geht den Unternehmen darum, Geld zu sparen. Change ist kein Selbstzweck und kein Mittel, um der Belegschaft behutsam Gutes angedeihen zu lassen. Es geht um Kostensenkung, Effizienzsteigerung, Prozessoptimierung, Restrukturierung. Wandel, obendrein digital getrieben, wird allgemein als „Herausforderung“ beschrieben, reißt aber in Wahrheit tiefe Löcher. Wer Wandel anschiebt und Traditionen verändern will, weiß in aller Regel erst einige Zeit später, was er angerichtet hat – in jeder Hinsicht.

Und was liefert das Buch?
Axel Koch beschreibt anhand nachvollziehbarer Beispiele (Brigitte, Margit, Andreas … und Peter Müller aus dem Einkauf … in typischen Situationen, in Veränderungswellen bzw. im Dilemma) unter anderem:

… Treiber der Veränderung (etwa: schöne neue VUCA-Welt und Berater, die damit Kasse machen) … Folgen des Veränderungskarrussels (Flexibel sei der Mensch, biegsam und gut) … Veränderungskollaps (Wer nicht passt, wird passed gemacht) … Change von oben (über den Wolken).

Koch sagt auch, wie sich Veränderungbalance herstellen lässt. Es geht – für Mitarbeiter – schließlich darum, die Kontrolle zu behalten und sich nicht plan- und kommentarlos in die Opferrolle zu begeben. Sein Rat: „Lassen Sie sich nicht von hohen Cheferwartungen oder Beraterparolen irritieren nach dem Motto: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg …  Wer dem Druck nachgibt, wird zum Opfer des Baumarktprinzips der Personalabteilung.“

Kochs Rezepte unter anderem: Einstellungen entwickeln, die helfen, mit Veränderungen gut zurecht zu kommen. Der Tatsache ins Auge zu blicken, dass falsche Erwartungen der Fehler im System sind. Sich auch über kleine Schritte freuen, um die Motivation zu erhalten. Ein Veränderungsmodell (Frühwarnssystem) soll Managern, Prozessverantwortlichen und Mitarbeitern Orientierung geben. Und wenn am Ende doch gar nichts mehr gehen sollte: „Ziehen Sie selbstbewusst eine rote Linie. Sie haben eine Exit-Strategie in der Tasche: Change mich am Arsch.“

 

MEIN FAZIT: praxisnah, auf den Punkt, schnell „konsumierbar“, kein übertriebener akademisch-psychologierender Überbau … einfach gut.

 

Infos:
 „Change mich am Arsch – Wie Unternehmen Mitarbeiter und sich selbst kaputtverändern“
Autor: Axel Koch, Verlag: Econ (Ullstein Buchverlage) 2018
304 Seiten, ISBN 978-3-430-20245-9; 16 Euro
Bezug: am besten in Ihrem Buchladen um die Ecke (bitte unterstützen!) oder hier …

 

 

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