2017 / 10. April

Kostal: Klaus Werner Schmidt zu OEMs, Politik, Digitalisierung


Wie gehen die Automobilzulieferer mit den weltpolitischen Verwerfungen um? Und welche Überlegungen stellen sie in Sachen Disruption in unruhigen Zeiten fortschreitender Digitalisierung an? Klaus Werner Schmidt leitet seit 2012 als Mitglied der Geschäftsleitung den Einkauf der Leopold-Kostal-Gruppe mit Stammsitz Lüdenscheid. Der 53-Jährige hat langjährige Erfahrung in der Automotive-Branche. Im Interview für das Magazin „Beschaffung aktuell“ gibt er Auskunft über seine Pläne für den Einkauf der Zukunft und das besondere Verhältnis zu OEMs.

Das Interview führte Sabine Ursel
Foto(s): Jochen Günther

Das gesamte Interview in der „Beschaffung aktuell“ (April 2017) lesen Sie hier … 

 

Hier Auszüge

Beschaffung aktuell: Gibt es angesichts der instabilen politischen Lage, insbesondere in den USA, eine Task Force bei Kostal?

Klaus Werner Schmidt: Ja, wir haben Task Forces, beispielsweise bei Verknappung von Materialien, aber keine speziell für die aktuelle politische Veränderung in den USA. Im Rahmen von Risikobetrachtungen bewerten wir generell in einer Stabsstelle kritische Regionen und leiten Handlungsszenarien ab. Input kommt dabei immer auch aus den Regionen, beispielsweise jetzt aus Nordamerika. Die dortigen weiteren Entwicklungen sind nun zu beobachten. Unsere Reaktionen hängen sicherlich auch von den OEMs ab. Die Automobilindustrie befindet sich noch nicht in der Eskalation.

Beschaffung aktuell: Ist es denkbar, dass sich First Tiers zu Strategiezirkeln zusammenschließen?

Schmidt: Das ist durchaus denkbar und kann sinnvoll sein, sofern es wettbewerbstechnisch unbedenklich ist. Grundsätzlich sind immer Compliance-Richtlinien zu beachten.

Beschaffung aktuell: Stichwort Türkei … Bremsen oder Forcieren? Sehen Sie Alternativen?

Schmidt: Wir bleiben dort weiterhin auf niedrigem Niveau engagiert. Ich halte den Beschaffungsmarkt Türkei aber weiter für technologisch und kostenseitig sehr interessant, auch wenn jetzt Zurückhaltung im Neugeschäft zu beobachten ist. Wir orientieren uns derzeit stärker nach Osteuropa.

Beschaffung aktuell: Wann wird der Einkauf bei Kostal eingebunden?

Schmidt: Früh, bereits in der Vorentwicklungsphase über das Forward-Sourcing für neue Technologien bzw. Produkte, in der Akquise, im Projekt und  in der Serie sowieso. In der Zukunft wollen wir uns noch intensiver beim Early Supplier Involvement im Produktentstehungsprozess einbringen. Ziel ist es, hier in enger Zusammenarbeit mit einzelnen strategischen Lieferanten, die Innovationen in Bezug auf Entwicklung, Kosten und später im Verlauf auch auf Qualität in den einzelnen Gates in unsere Produkte einfließen zu lassen. Dadurch sind Technologiesprünge kosteneffizient und kurzfristig zu realisieren. Diese Vorgehensweise sichert unsere Wettbewerbsfähigkeit.

Beschaffung aktuell:  Zu welchem OEM gehen Sie mit einer Innovation zuerst? Sind andere dann böse?

Schmidt: Wir stehen mit allen Kunden in regelmäßigem Austausch. Momentan befinden wir uns in aufregenden Zeiten, in denen der Fahrzeuginnenraum, die Elektrische/Elektronische-Architektur und der Powertrain große Veränderungen erfahren. Mit innovativen Lösungen unterstützen wir oder wir treiben sie voran. Uns ist es wichtig, bereits in der Vorentwicklungsphase mit Lieferanten zusammenzuarbeiten. In der Regel entscheiden unsere Kunden dann, welche Innovation zur ihrer Roadmap passt und welche Initiative gemeinsam weiterverfolgt wird. Geheimhaltungsvereinbarungen werden immer neu ausgestaltet. Interessanterweise hat dies bisher nie zu Konflikten geführt.

Beschaffung aktuell: Sind sog. New Entry Customer wie Google zukünftig eher Geber oder Nehmer neuer Technologie? Werden das in zehn Jahren Ihre Hauptkunden sein?

Schmidt: Wir erwarten eher, dass neue Spieler im übergreifenden Mobilitätsmarkt als Dienstleister auftreten. Auch OEMs wollen die Plattform oder sogar das Ökosystem für Mobilität als Service anbieten. Das bringt zwar fundamentale Veränderungen, aber auch viel Dynamik und neue Arten von Partnerschaften. Unsere heutigen Kunden werden auch in zehn Jahren bedeutend sein. Sie treiben den Trend.

Beschaffung aktuell: Werden bei selbstfahrenden Autos Kostal-Produkte überhaupt noch gebraucht?

Schmidt: Wir machen uns intensiv Gedanken über neue Produkte für den Fahrzeuginnenraum. Wir sind jetzt schon im Bereich Innen- und Außenkameras aktiv. Die Nachfrage nach wertigen Schaltern und Oberflächen aus Leder, Holz, Chrom und Glas wächst. Elektrifizierung wird an Bedeutung zunehmen, hier haben wir beispielsweise einen Onboard-Charger aus Aluminium konstruiert, der Strom wechselt und Batterien lädt.

www.beschaffung-aktuell.de

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