2017 / 17. September

Andere Kultur tut not: Belohnen statt Abwatschen


Managementfehler, fehlendes Verantwortungsbewusstsein, Angst vor Fehlern: Professor Dr. Elisabeth Fröhlich sagt unmissverständlich, warum Führungskräfte den Fortschritt im Unternehmen hemmen. Ihre These: Die neue Arbeitswelt erfordert ein anderes Verständnis für Integration von Menschen, für Nachhaltigkeit und Werte. „Aber solange die Organisation nicht mitwächst, nützen die besten Tools und Methoden nichts“, bekräftigt die Präsidentin der Cologne Business School in meinem Interview für das Fachmagazin „Beschaffung aktuell“ (Ausgabe 9/2017).

Das komplette Interview lesen Sie hier: BA-9-2017-Fröhlich

 

Lesen Sie hier Auszüge

BA: Wir erleben derzeit viele Managementfehler, die überwiegend ohne Konsequenzen für den Einzelnen bleiben. Brauchen wir eine neue Führungs- und Wertekultur?

Fröhlich: Unbedingt! Die Politik fördert traditionell technische Studiengänge, hier gibt es eine Reihe von Forschungstöpfen. Für BWL-Studiengänge gilt das leider nicht. Managen muss man aber gezielt lehren. Solange in klassischen Business Schools noch nach dem Motto „Money makes the world go round“ vermittelt wird, kann in den Unternehmen kein Nährboden für einen Verständniswandel entstehen. Gerade in Ländern, die im Überfluss agieren, muss Verantwortung wahrgenommen und vorgelebt werden. Nachhaltigkeit und Ethik dürfen nicht länger als Feigenblatt herhalten.

BA: Wie kommen wir zu mehr Verantwortungsbewusstsein und Toleranz für Fehler?

Fröhlich: Hauptproblem unserer Zeit ist, dass wir schon in der Schule und Uni nach starren Systemen lehren und lernen. Daraus resultiert eine Unternehmenskultur, die Fehler nicht akzeptiert. Folglich will keiner mehr Verantwortung übernehmen. Lieber nichts entscheiden als falsch zu liegen. Die Angstkultur kennt nur Abwatschen statt Belohnen. Aber Fehler lassen sich nun einmal nicht vermeiden. Wichtig ist, dass Führungskräfte im Team vorleben, wie man sich dem Ziel durch neue Lösungswege nähert. Dazu braucht man allerdings einen neuen Typ Chef, der belastbar ist und bei zeitweiligen Störungen im System nicht rigoros die Abbruchtaste drückt.

BA: Kennen Sie Beispiele jenseits der Wirtschaft, an denen man sich ausrichten kann?

Fröhlich: Die Kunst lebt Fehlertoleranz vor. Ein Maler agiert wie ein guter Unternehmer. Er hat ein fertiges Bild im Kopf. Aber er wirft seine teure Leinwand nicht auf den Müll wegen eines falschen Pinselstrichs. Er setzt neu an und wählt einen anderen Weg zum Ziel, das sich ja zwischenzeitlich nicht geändert hat.

BA: Ein schöner bildhafter Vergleich. Es reicht aber nicht aus, lediglich zu postulieren, dass sich was ändern muss …

Fröhlich: Viele Manager wissen, wie es besser geht, aber sie durchdringen das System nicht. Solange an Hochschulen Führung nach ewig gleichem Muster gelehrt wird, ändert sich nichts. Wir müssen alle Beteiligten – Schule, Hochschule, Bildungsträger, Unternehmen – konsequent in die Diskussion mit einbeziehen und diese spezielle Thematik in Workshops immer wieder aufgreifen. Dafür müssen wir die Menschen aber meist erst sensibilisieren. Dazu gehört das Commitment des Top-Managements.

BA: Was bedeutet das für den Einkauf, der ja gerade erst dabei ist, seine Rolle im Kontext 4.0 zu finden? Fröhlich: Wer 2.0 und 3.0 ausgelassen hat, der kann 4.0 nicht hinreichend einordnen, geschweige denn umsetzen. Und selbst wer sich schon im Stadium des Unterstützens befindet – was schon mal nicht schlecht ist – hat noch einen weiten Weg vor sich. Das Integrieren von Menschen bzw. Bedarfsträgern ist das Wesentliche. Das hat der Einkauf vielfach noch nicht begriffen. In der Regel fehlt die Struktur für systemischen Wandel innerhalb der Organisation. Chefs müssen neue Konzepte aufnehmen wollen und eine Vertrauenskultur vorleben. Mitarbeiterschulung steht ganz am Ende. Es bringt nichts, über Skills zu reden, wenn die Organisation als Basis nicht stabil mitwächst.

Foto: Sabine Ursel

 

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