2018 / 15. Januar

Jürgen Klopp: Biografie als Blaupause für (angehende) Teamleader


Biografien von Sportlern haben ihre ganz eigene Dramaturgie. Der Schlüssel ist nicht die geschliffene Satzkonstruktion, sondern die Authentizität. Schließlich sind Erfolge und Misserfolge real und nachprüfbar. Im Buch wird das wahre Leben dann um so manch kuriose Begebenheit rund um Kindheit, Karma, Kapital und Karriere angereichert – fertig ist eine zumeist amüsant-informative Melange. Auch wer sich nicht als Fan einer FußbalIikone wie Trainerguru Jürgen Klopp bekennt, vermag in Sachen Teamarbeit und Motivation durchaus Impulse aufzunehmen.

Wie ticken Menschen? Was treibt sie an? Wie hart arbeiten sie für Erfolge? Welche Rolle spielen Umfeld, Erwartungen, Öffentlichkeit? Wie wird Verantwortung – auch für Mitmenschen und Mitspieler – wahrgenommen? Die Gabe bzw. der feste Wílle, nach Niederlagen und Verletzungen immer wieder aufs Neue anzugreifen, ist in der DNA von Sportikonen fest verankert. Adrenalin pur ist im Fall der Jürgen-Klopp-Publikation von Raphael Honigstein der Stoff, der aus einem gewöhnlichen Buch einen Bestseller macht.

„Ich mag, wenn’s kracht“. Jürgen Klopp ist prädestiniert für eine Biografie. Über den Zeitpunkt lässt sich diskutieren – der Trainer wird im Juni schließlich erst 51 Jahre alt. Nach Mainz 05, Borussia Dortmund und dem FC Liverpool (Anfield Road …) werden weitere spektakuläre Aufgaben folgen. Auch das Amt des Bundestrainers könnte nach der WM winken, egal wie die deutsche Mannschaft abschneidet. „Kloppo“ hat sich seine Ausnahmestellung unter den deutschen Trainern nicht erarbeitet. Er ist die personifizierte Ausnahme. Der Schwabe ist eine Urgewalt, ein Typ, eine Marke. Er steht für Tränen (Freude und ja … auch Enttäuschung), Triumphe, totalen Einsatz. Er hat es eindrücklich verstanden, ein durchschnittliches Mainzer Kollektiv zum Aufstieg in die erste Liga zu pushen und allenfalls durchschnittliche und obendrein von Insolvenz bedrohte Dortmunder zum Double (2012 Deutscher Meister und Pokalsieger) und Ligakrösus neben dem FC Bayern zu entwickeln.

Klopp ist ein Meister der Motivation. Er macht Spieler besser. Er macht den Unterschied. Er ist empathisch, kommunikativ, rhetorisch begabt, zuweilen auch arg impulsiv. Klar, einer wie er kann sich sogar entschuldigen, hinter und vor der Kamera. Vor allem ist er verdammt authentisch. Was kann der Leser nun daraus für den eigenen (Berufs-)Alltag ableiten? Eine ganze Menge an Impulsen, siehe Buchzitate:

Bevor der Trainer den Spielern Beine machen konnte, musste er ihre Köpfe erreichen … Klopp musste mit dem Kader arbeiten,der ihm zur Verfügung stand, und seine Stärken hervorheben. Sein Trick war, dass er den Zusammenhang zwischen Leistung und Aufwand betonte, nicht das individuelle Können.

Eine positive Herangehensweise ist eine Gabe. Viele sagen: Menschenfänger. Es  gibt in Deutschland nicht viele, die das können. Es geht darum, Menschen zu begeistern und sie hinter einer Idee zu versammeln … Man darf Menschen nicht ins Feuer jagen. Man muss sie auch lebend aus der Schlacht wieder herausführen können.

Borussias Meisterschaft unter Klopp öffnete dem Fachpublikum die Augen für die Kraft des Kollektivs.

 

Wer sich ernsthaft damit auseinandersetzen will, wie er in Zukunft Teams schmiedet und schlagkräftiger machen kann (Achtung: Digitalisierung, Disruption, neue Geschäftsmodelle etc.), sollte sich diese 336 kurzweiligen Seiten zu Gemüte führen. Es gibt keine Patentrezepte und Checklisten, aber es kracht … und das in jeder Hinsicht. Eine Sportlerbiografie als Blaupause – warum nicht?

Sabine Ursel

 

„Ich mag, wenn’s kracht“
Autor:
Raphael Honigstein
Biografie, aus dem Englischen übersetzt von Hans-Peter Remmler, Hans Freundl, Reiner Pfleiderer
ISBN-13 9783843716055 (erschienen: 17.11.2017)
16,99 Euro (ePub), 20 Euro (Hardcover), 336 Seiten
Bezug:
Ullstein extra hier …

 

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